Welcher Baum ist der richtige?
Hinweise zur Baumartenwahl
(Auszug aus der Waldpost 2016/17)
Mit zunehmendem Alter der Bäume kommt im Wald der natürliche Verjüngungsprozess in Gang, der zur Ablösung der aktuellen durch die nächstfolgende Baumgeneration führt. Bleibt die Naturverjüngung aus oder soll mit anderen Baumarten oder Herkünften verjüngt werden, ist eine künstliche Waldverjüngung erforderlich. Gleiches kann – zunehmend häufiger – auch ungeplant nach Schadereignissen notwendig sein. In diesen Fällen stellt sich die Frage nach den dafür geeigneten Baumarten. Die Vielfalt sowohl der Baumarten als auch der Einflussfaktoren macht eine einfache Empfehlung praktisch nicht möglich.
Im Folgenden sollen deshalb die Einflussfaktoren auf die Baumartenwahl kurz skizziert werden.
Die Baumartenwahl basiert dabei auf einer Reihe von Einzelentscheidungen, die wie Zwiebelschalen übereinanderliegen.
- Ziele und Erfahrungen des Eigentümers
Wichtigste Grundlage sind die Ziele des Waldeigentümers, die so vielfältig wie der Wald selbst sind: Erträge aus der Holzernte, gelegentliche Brennholznutzung, Erholung, Naturschutz oder die Fortführung der bisherigen Bewirtschaftung werden in diesem Zusammenhang meist genannt. Es mag profan klingen, doch für eine fundiert hergeleitete Wahl der Verjüngungsbaumarten und des waldbaulichen Verfahrens ist eine klar formulierte Zielstellung der Waldeigentümer unerlässlich.
Gleiches gilt für die Erfahrungen des Waldeigentümers und damit im Zusammenhang auch der zeitliche und finanzielle Aufwand, den der Waldeigentümer zu leisten bereit ist.
- Eigenschaften des Standorts
Diese Ziele sind mit den Risiken und Ertragspotenzialen abzugleichen, die Boden und Klima als Standortseigenschaften bestimmen. Konkret sind das:
Klimastufe und Höhenlage
Nährkraft des Bodens (z. B. mittlere Nährkraft bei Braunerden geringer Sättigung)
Bodenfeuchte (z. B. wechseltrockene bis wechselfrische Standorte auf Pseudogleyböden) und
Substratfeuchte (z. B. speichertrockene Sand-Braunerden)
Exposition (Lage eines Hanges bezogen auf die Himmelsrichtung)
Für den Wald im Freistaat Sachsen wird dafür von Sachsenforst eine flächendeckende Standortskartierung durchgeführt. Daraus abgeleitet wurden standortspezifische Anbauempfehlungen als Waldentwicklungstypen für den Landeswald hergeleitet. Diese können selbstverständlich auch im Privatwald als Orientierung dienen. Die Standortskarten sind beim zuständigen Revierförster einsehbar.
- Gefährdungen und Risiken
Bezüglich der Ansprüche der Baumarten an den Standort gibt es sehr breite Überlappungsbereiche. So könnte man auf einer Vielzahl der Standorte Fichten, Buchen und Eichen mit Erfolg anbauen. Im direkten Wettstreit offenbaren sich jedoch die optimalen Bereiche eines Anbaus. Verantwortlich hierfür sind die ökologischen Eigenschaften der Baumarten, die zu standortsabhängigen, unterschiedlichen Risiken führen. Als Beispiel sei temporärer Trockenstress und Wurfgefährdung der Fichte auf Pseudogleyböden oder die Frostgefahr für Eiche auf vernässten Mulden genannt.
Noch unübersichtlicher wird es, wenn es gilt, mögliche biotische Risiken abzuschätzen und zu beachten. Vor allem auf Erstaufforstungen und in Feldnähe besteht ein erhöhtes Risiko durch Mäuseschäden. Auf Kahlflächen treten wieder vermehrt Kulturschädlinge wie z. B. der Große Braune Rüsselkäfer auf.
Ein wesentliches baumartenspezifisches Risiko ist das durch einen Schlauchpilz (Hymenoscyphus fraxineus) verursachte Eschentriebsterben. Vom Anbau der Esche wird deshalb gegenwärtig dringend abgeraten.
Der Wildeinfluss bestimmt Notwendigkeit, Art und Dauer von Schutzmaßnahmen. So benötigen Douglasien und Tannen in Gebieten mit Rotwildvorkommen einen lang anhaltenden (und damit teuren) Zaunschutz, da diese Baumarten sowohl verbissen als auch später geschält und gefegt werden können. Die Aufwendungen dafür sind entsprechend Richtlinie „Wald und Forstwirtschaft WuF/2014“ förderfähig.
- Gesetzliche Vorgaben
Auch gesetzliche Vorgaben können die Wahl der Verjüngungsbaumart einschränken. Das betrifft insbesondere nach Naturschutzrecht geschützte Flächen und z. B. gebietsfremde Baumarten. Maßgeblich sind der jeweilige Managementplan (FFH-Gebiete), die konkrete Verordnung (Naturschutzgebiet, Flächennaturdenkmal) bzw. die Biotopkartierung.
Informationen über einen möglichen Schutzstatus gibt der Revierförster von Sachsenforst (www.sachsenforst.de/foerstersuche). Generell wird empfohlen, sich zwecks rechtsverbindlicher Informationen an die zuständige Fachbehörde zu wenden, wie z. B. die unteren Naturschutzbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte.
- Ausgangsbestand
Mit der Beschaffenheit des Ausgangsbestandes wird – um das Bild in der Einleitung aufzugreifen -die „Zwiebel" komplett. Verjüngungsbaumarten haben unterschiedliche Ansprüche an Lichtverhältnisse. Diese müssen durch geeignete Erntehiebe im Altbestand hergestellt werden. Allzu oft lässt die Stabilität der Altbestände gegenüber Stürmen, Borkenkäfern und anderen Risiken es nicht zu, die Dichte des Kronendaches auf das geforderte Maß abzusenken. So ist beispielsweise der Voranbau der Eiche unter einem Fichtenschirm nicht empfehlenswert, da die flachwurzelnde Fichte nach einer Auflichtung des Kronendaches leicht vom Sturm geworfen wird. Auf Freiflächen aufgrund größerer Kahlhiebe herrscht für Eichenkulturen eine erhöhte Spätfrostgefahr. Hier kann ein Vorwald (auch als Sukzession) mit Pionierbaumarten diese Risiken abmildern und in zwei Schritten zum Ziel führen.
Häufig sind im Oberstand zumindest einzelne Buchen, Eichen oder Ahorne beigemischt. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Kronen dieser Bäume aufzulichten. Dadurch werden sie zur Fruktifikation angeregt – Potenzial für eine kostenlose (und viel zu selten genutzte!) Naturverjüngung.
Es zeigt sich also, dass die Wahl der richtigen Baumart komplexen Einflussfaktoren unterliegt. Eine „Ferndiagnose" ist meist schwierig. Aus diesem Grund bieten die Revierförster von Sachsenforst gern Beratung vor Ort im Waldbestand an.